Damwildhaltung - ein Betriebszweig mit Zukunft?
Landwirtschaftliche Wildhaltung
ein Betriebszweig mit guten Zukunftsaussichten
Angestrebt werden großrahmige Tiere im langen Rechteckformat.
Die landwirtschaftliche Wildhaltung - insbesondere von Damwild - findet in Niedersachsen immer größere Verbreitung.
Mitte der siebziger Jahre wurde dieser Betriebszweig in die breite landwirtschaftliche Praxis eingeführt und erlebt seitdem eine zunehmende Beliebtheit.
Vom Verbraucher wird das auf extensiven Grünlandstandorten naturnah erzeugte Qualitätsfleisch zunehmend nachgefragt.
Sie können sich über die folgenden Themenbereiche informieren.
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Rechtliche Grundlagen
Seit 2005 sind in Niedersachsen für die landwirtschaftliche Wildhaltung keine naturschutzrechtliche Genehmigung sowie keine tierschutzrechtliche Erlaubnis mehr erforderlich.
Es genügt nun eine Anzeige beim zuständigen Kreisveterinäramt, sofern das Gehege einem landwirtschaftlichen Betrieb dient, also privilegiert im Sinne des Baurechts ist. Vorsorglich sei noch einmal darauf hingewiesen:
Die dargestellten Erleichterungen gelten nur für Landwirtschaftsbetriebe.
Hobbyhalter benötigen nach wie vor eine Baugenehmigung für den Zaun.
In Naturschutzgebieten ist die Gehegeerrichtung generell untersagt.
Die Anzeige beim Veterinäramt muss vier Wochen bevor mit der Wildhaltung begonnen werden soll erfolgen.
In der Anzeige sind anzugeben:
1. Art, Zahl und Geschlecht der zu haltenden Tiere,
2. die für die Tätigkeit verantwortliche Person,
3. Angaben über Größe und Ausgestaltung des zu errichtenden Geheges (möglichst Flurkarte/Lageplan mit Einzeichnung der Grenzen sowie der Ausstattung beifügen),
4. Angaben über die Sachkunde der verantwortlichen Person.
Ein Formblatt für die Anzeige kann hier heruntergeladen werden.
Das Veterinäramt hat dann vier Wochen Zeit, auf die Anzeige zu reagieren, falls z.B. die Angaben zu 4. nicht ausreichend erscheinen.
Reagiert die Behörde innerhalb vier Wochen nicht, darf mit der Gehegeerrichtung begonnen werden.
Die „Niedersächsischen Leitlinien für die Haltung von Dam- und Sikawild“ beziehen sich zwar noch auf die alte rechtliche Regelung, sind aber in den Punkten
II. „Anforderungen des Tierschutzes“,
IV „Anforderungen des Fleischhygienerechts“ und
V. „Tierkörperbeseitigung“ weiterhin maßgebend.
Der Punkt I „Rechtliche Voraussetzungen“ gilt hingegen nicht mehr
und im Punkt III „Anforderungen des Naturschutzrechts“ sind nur noch die ersten beiden Absätze zu beachten.
Nach den Leitlinien sind bei der Errichtung eines Geheges insbesondere die folgenden Punkte zu berücksichtigen:
Standortwahl
Für die landwirtschaftliche Wildhaltung spielt die Stallhaltung eine untergeordnete Rolle und ist aus Tierschutzgründen (Einschränkung des arteigenen Verhaltens) nicht zu empfehlen.
Für die Kälberaufzucht in ungünstigen Lagen bzw. für die Aufzucht spät geborener Kälber kann gelegentlich eine Stallhaltung im Winterhalbjahr durchgeführt werden.
Alle für die landwirtschaftliche Wildhaltung in Frage kommenden Wildarten (Dam-, Sika-, Rotwild, Schwarzwild, Muffelwild) eignen sich für die ganzjährige Freilandhaltung.
Bedingt durch die Anpassungsfähigkeit der Tiere eignen sich fast alle Standorte mit den unterschiedlichsten Bodentypen für die landwirtschaftliche Wildhaltung.
Ausgenommen sind zur stauenden Nässe neigende Flächen, wie etwa Moore, vor allem, wenn sie als Standweide genutzt werden sollen.
Während der Hauptvegetationszeit von Mai bis August sollten sich die Tiere überwiegend von der Gehegefläche ernähren können.
Bei der Standortwahl und Zuschneidung des Geheges sollte bereits an den notwendigen Witterungs- und Sichtschutz für die Tiere gedacht werden.
Bei geschickter Einbindung von natürlicher Baum- und Strauchvegetation in das Gehege lassen sich so kostenträchtige nachträgliche Pflanzungen vermeiden.
Gehegeeinrichtung
Bei den Einrichtung eines Geheges sind einige grundlegende Dinge zu bedenken.
Als Zaunmaterial hat sich ein handelsübliches Knotengitter bewährt.
Die Horizontaldrähte sollten unten einen engeren Abstand aufweisen, um Kälber am Entweichen aus dem Gehege zu hindern.
Aus dem selben Grund sollte der Zaun zwischen den Pfählen (Pfahlabstand 6 –8 m) zusätzlich mit Heringen im Boden befestigt werden.
Kälber, die einmal aus dem Gehege entwichen sind, finden oftmals nicht wieder hinein, so dass in solchen Fällen die Jungtierverluste unnötig hoch sind.
Als Gehegeeinrichtung sollten Raufen und Tröge für die Vorlage von Rauh- und Kraftfutter eingeplant werden.
Die Anlage mehrerer Futterstellen gewährleistet auch rangniederen Tieren die ungestörte Futteraufnahme.
Um die Kälber separat zufüttern zu können hat sich die Errichtung eines Kälberschlupfes in der Nähe der Fütterungseinrichtung für die Alttiere bewährt.
Bei der Bemessung des Sprossenabstandes wird die Körperbreite der Alttiere oft überschätzt. Damit wirklich nur die Kälber Zugang haben, sollte der Sprossenabstand nicht mehr als 16-20 cm betragen.
Der Boden um die Futterplätze herum sollte zur Verhinderung von Verschlammungen und zur besseren Reinigung und Desinfektion möglichst befestigt werden. Gleichzeitig fördert ein solcher Platz die Schalenabnutzung bei den Tieren.
Über eine geeignete Tränkeinrichtung ist jederzeit die Wasserversorgung der Tiere zu gewährleisten. Es hat sich gezeigt, dass Damwild oftmals nicht in der Lage ist, Tränken mit Zungenbetätigung zu bedienen.
Zudem erschreckt das Geräusch des nachfließenden Wassers die Tiere derart, dass die Tränken schlecht angenommen werden.
Bewährt hat sich der Einbau von Schwimmertränken, bei denen ständig eine "offene Wasserfläche" vorhanden ist.
Sollen Tiere gefangen werden, und besteht nicht die Möglichkeit der Immobilisation, so ist die Errichtung einer Fanganlage unumgänglich.
Über einen Trichter werden die Tiere dazu in einen mehrfach unterteilten Raum geleitet, wo eine Sortierung der Tiere und ein Fang in speziellen Transportkisten möglich ist.
Bei Interesse an einer solchen Anlage sollten, bevor Geld und Zeit in eigene Versuche investiert wird, bereits bestehende und bewährte Anlagen wie die der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierhaltung Echem der Landwirtschaftskammer Niedersachsen besichtigt werden.
Als Witterungs- und Sichtschutz eignet sich in erster Linie innerhalb oder außerhalb des Gehegezaunes befindliche Deckung aus Bäumen oder Büschen.
Busch- oder Baumvegetation innerhalb des Geheges ist allerdings dauerhaft gegen Verbiss und Schälen zu schützen.
Da diese "Zaun-im-Zaun-Lösungen" oft nur eine unbefriedigende Lösung darstellen, sollte bevorzugt entsprechende Deckung außerhalb des Zaunes genutzt werden.
Bewährt hat sich insbesondere ein Auszäunen und Verbrettern der Zauninnenecken.
Diese Dreiecke bieten zum einen hervorragenden Witterungs- und Sichtschutz und binden gleichzeitig durch die dort möglichen Anpflanzungen das Gehege in die Landschaft ein.
Da Damwild sich in erster Linie optisch orientiert, ist eine Rundumbepflanzung auch aus Tierschutzgründen abzulehnen.
Damwild gewöhnt sich außerordentlich schnell an "Störungen" wie eine viel befahrene Straße oder einen stark genutzten Wanderweg, möchte jedoch immer sehen können, was diese Geräusche auslöst.
Eine weitere, preiswerte Möglichkeit Witterungs- und Sichtschutz zu schaffen, besteht in der Anlage von Gehölzschnitt- und Stubbenhaufen. Gehölzschnitt wird darüber hinaus sehr gerne gefressen bzw. geschält, dient als Beschäftigungsmaterial für die Hirsche und schont in der Fegezeit den Zaun.
Der Sichtschutz für die Jungtiere besteht idealer weise aus einer abgetrennten Gehegefläche mit höherem Grasbewuchs, die zum Setztermin (ab Mitte Juni) geöffnet wird. Alttiere legen die Kälber bevorzugt in der Deckung des hohen Aufwuchses ab.
Es ist zweckmäßig, dass Gehege in wenigstens zwei Koppeln zu unterteilen, um Dünge- und Pflegemaßnahmen durchführen zu können, um den Parasitendruck möglichst niedrig zu halten und um in der Hauptvegetationszeit die Winterfutterbergung zu ermöglichen.
Soll geschossenes Damwild im Gehege ausgeweidet werden, so ist hierfür ein spezieller, überdachter, leicht zu reinigender und zu desinfizierender Platz anzulegen, von dem Wasser leicht ablaufen kann.
Das aufgebrochene Stück ist anschließend zusammen mit den Eingeweiden für die Fleischuntersuchung hängend in einen registrierten Schlachtbetrieb zu befördern.
Bestandsaufbau und –führung
Beim Erstbesatz eines Geheges hat es sich als empfehlenswert herausgestellt, nicht mit einer reinen Kälber- oder Schmaltiergruppe (als Schmaltier wird ein Kalb ab der Geburt des neuen Kälberjahrganges bis zum ersten eigenen Setzen = ca. ab dem Beginn bis zum Ende des zweiten Lebensjahres, bezeichnet) zu beginnen, sondern mindestens ein erfahrenes Alttier hinzu zu stellen, daß die Leitung des Rudels übernehmen wird.
In jedem Fall ist für einen erfolgreichen Bestandsaufbau eine vielseitige Altersstruktur günstiger zu beurteilen gegenüber einer Besetzung mit Tieren eines Jahrganges.
Werden beschlagene (=gedeckte) Tiere gekauft, so ist im ersten Jahr die Hirschhaltung nicht notwendig.
Günstig ist jedoch auch hier, zur besseren Eingewöhnung bereits frühzeitig einen Hirsch in das Gehege zu geben, bzw. einen gut entwickelten Spießer mit bekannter Abstammung einzustellen.
Das folgende Schema zeigt den Produktionsablauf in der Damtierhaltung in vereinfachter Form.
Produktionsablauf in der Damtierhaltung:
Innerhalb des vorstehenden Produktionsablaufes erreichen Damtiere durchschnittlich die folgenden Körpergewichte (kg) (Reinken 1987, KTBL 1993).
Alter | Bezeichnung | weiblich | männlich |
Geburt | Kalb | 4,6 | 4,9 |
4 Monate | Kalb | 20 | 24 |
14 Monate |
Spießer
Schmaltier |
- -
28 |
48
- - |
ab dem 2. auf die Geburt folgenden Kalenderjahr |
Alttier
Hirsch |
50
- - |
- -
>70 |
Vermarktung
Lange bevor die ersten Tiere zur Nachzucht anstehen, sollte sich der Gehegebetreiber Gedanken über die Vermarktung des Fleisches machen.
Der einzig gangbare Weg ist in Niedersachsen derzeit die Direktvermarktung.
Zwar gibt es einige Großhändler, die das Fleisch auch gerne abnehmen würden, jedoch ermöglichen die dort erzielbaren Preise auf Dauer keinen wirtschaftlichen Erfolg.
In der Praxis zeigt sich immer wieder, daß Damwildfleisch und –wurstprodukte sich hervorragend zur Ergänzung eines bereits bestehenden Direktvermarktungssortiments eignen.
Soll eine neue Direktvermarktung aufgebaut werden, so sollten vorab einige grundsätzliche Fragen geklärt werden, die möglichst alle mit "ja" beantwortet werden sollten:
- Haben Sie Freude am Umgang mit unterschiedlichen Menschen?
- Mögen Sie fremde Menschen ansprechen?
- Sind Sie bereit, Ihren Betrieb auf die Notwendigkeiten im Verkauf auszurichten?
- Haben Sie kaufmänn(frau)ische Fähigkeiten?
- Sind Sie bereit, die zur Erfüllung der fleischhygienerechtlichen Auflagen notwendigen Investitionen zu tätigen?
An dieser Stelle kann die besondere Problematik der Vermarktung nur angerissen werden.
Weitergehende kompetente Information in allen Fragen der landwirtschaftlichen Direktvermarktung bietet die ländlich-hauswirtschaftliche Beratung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Tel. 0441/801-809) an.
Wirtschaftlichkeit
Die Wirtschaftlichkeit der Damwildhaltung ist in erster Linie vom persönlichen Geschick des Betriebsleiters bei der Direktvermarktung abhängig.
Von dem in der nachstehenden Übersicht ermittelten Deckungsbeitrag sind zur Errechnung des Roheinkommens noch die Festkosten abzuziehen.
Dies sind in erster Linie der Zaun, der mit rund 5,00 EUR Materialkosten je laufender Meter kalkuliert werden kann.
Darüber hinaus sind noch Kosten für einen Unterstand, das Futterlager, die Tränkeeinrichtung und evtl. eine Fangeinrichtung zu berücksichtigen.
- Angaben in EUR je Alttier -
Leistung | bei 10,50 EUR/kg SG |
Aufzuchtrate 85 % LG männl. Jungtier 48 kg x 57 % Ausschlachtung x 0,425 x Preis/kg SG LG weibl. Jungtier 37 kg x 57 % Ausschlachtung x 0,425 x Preis/kg SG |
122,09
94,11 |
Alttier, Nutzungsdauer 15 Jahre = 0,07 x 50 kg LG x 57 % Ausschlachtung x 5 EUR/kg SG | 9,97 |
Marktleistung | 226,18 |
Kosten | |
Bestandsergänzung 0,07 x 200 EUR/Zuchttier | 14 |
Kraftfutter 0,4 kg/Tag x 200 Tage x 15 EUR/dt Mineralfutter 0,01 kg/Tag x 365 Tage x 50 EUR/dt |
18 4 |
Medikamente , Tierarzt, Betäubung | 6 |
Hirsch 500 EUR - 200 EUR Verwertungserlös = 300 EUR x 0,33 (Nutzungsdauer) x 0,05 (1 Hirsch auf 20 weibl. Tiere) |
5 |
Schlachtung und Vermarktung | 30 |
Wasser, Strom, Geräte | 4,5 |
Zinsanspruch | 10 |
Grundfutterkosten | 40,22 |
Deckungsbeitrag | 94,51 |
Kontakt
Geschäftsführerin
Gina Strampe
05828 399
0175 72 69 616
Fachberaterin
Henrike Jansen
Mars-la-Tour Straße 6
26121 Oldenburg
Tel.0441 801280
Termine
08. 10. 2024 – 30. 11. 2024